Die USA bleiben die Nummer 1

Im sich verschärfenden Konkurrenzkampf zwischen den USA und der Volksrepublik China mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Vereinigten Staaten auf absehbare Zeit nicht als globale Führungsmacht von China verdrängt werden können. Dies liegt zum einen an den strukturellen Problemen der chinesischen Wirtschaft, welche im Kontext einer alternden Gesellschaft und eines rigider werdenden politischen Systems mit zunehmenden Einschränkungen für die Unternehmen durch den unter Xi Jinping intensivierten umfassenden Herrschaftsanspruch der KPCh zunehmend in die Gefahr gerät, in der „middle income trap“ zu verharren. 

Dies liegt aber auch daran, dass die USA unter Donald Trump und Joe Biden damit begonnen haben, der Dynamik der chinesischen Ökonomie Steine in den Weg zu legen, wobei sie die strukturelle Macht der Vereinigten Staaten zunehmend ausspielen, indem sie nicht nur US-amerikanische Unternehmen zu Sanktionen gegen China verpflichten, sondern zunehmend auch andere Partner dazu bewegen, China von Hochtechnologieimporten und –investitionen abzuschneiden. Ziel ist es dabei nicht nur, die chinesische Aufrüstung mit modernstem Gerät zu verzögern, sondern die wirtschaftliche Entwicklung Chinas insgesamt zu bremsen, um den ökonomischen und damit auch machtpolitischen Vorsprung der USA zu bewahren.

Dieser „tech war“ manifestiert sich augenfällig darin, dass US-Regierung explizit bestrebt ist, chinesische Unternehmen von der Versorgung mit Halbleitern der neuesten Generation abzuschneiden, welche in der Volksrepublik selbst noch nicht hergestellt werden können. Die führende Position US-amerikanischer Firmen beim Chip-Design verbindet sich hier mit Subventionsanreizen der größten Chip-Produzenten aus Taiwan und Südkorea, Teile ihrer Produktion direkt in die USA zu verlagern und diplomatischen Anstrengungen, auch andere Akteure davon abzubringen, in diesem Hochtechnologiesegment mit chinesischen Unternehmen zusammenzuarbeiten. So ist etwa die niederländische Regierung dabei, Beschränkungen für die Ausfuhr modernster Produktionsausrüstung für Halbleiter, ein Bereich, in dem die niederländische ASML Holding weltweit führend ist, zu erlassen. Gegenwärtig sieht es durchaus so aus, als könnte diese Art der economic warfare der USA tatsächlich erfolgreich sein. Zusammen mit der durch den Ukraine-Krieg gestärkten Führungsrolle der Vereinigten Staaten im westlichen Bündnis und den diplomatischen und militärischen Bemühungen, im indo-pazifischen Raum Allianzen gegen China zu schmieden, etwa AUKUS mit Australien und dem UK oder die „Quad“ mit Japan, Australien und Indien, ergibt sich zumindest zur Zeit der Eindruck, dass die USA noch immer die besseren Karten hat, eine weltpolitische Transition zu verhindern. 

Dies zeigt sich selbst im regionalen Kontext. So kommt der neueste „Asia Power Index“ des australischen Lowy Institute zu dem Schluss, dass die Vereinigten Staaten auch in Asien noch immer die Nummer 1 ist. Der Index basiert auf 133 gewichteten Indikatoren in acht Bereichen für 26 indo-pazifische Staaten über die Jahre 2018 bis 2022. In vier Kategorien (defence networks, cultural influence, military capability, resilience) haben die USA weiter einen deutlichen Vorsprung vor China, in dreien (future resources, economic capability, diplomatic influence) sind sie in etwa gleichauf, und lediglich im Bereich economic relationships führt die Volksrepublik deutlich. Hinzu kommt, dass sich die relative Position der USA gegenüber dem Index für 2022 in fünf Bereichen sogar verbessert hat (defence networks, cultural influence, resilience, economic capability, economic relationships). Auch wenn der Machtvorsprung der Vereinigten Staaten im Zeitverlauf abgenommen hat und der Index für 2023 sicherlich auch auf chinesische Rückschläge in Folge der Covid-19-Pandemie zurückzuführen ist, bleibt gleichwohl der Befund, dass es China auch im asiatischen Kontext noch immer nicht gelungen ist, die machtpolitische Führung zu übernehmen, auch wenn es das unbestrittene einzige Land ist, das den USA als „Supermacht“ gemäß dem Index sehr nahe kommt. 

Andere Staaten wie Japan (Rang 3), Indien (4), Russland (5), Australien (6) und Südkorea (7) werden mit weitem Abstand lediglich als „Mittelmächte“ klassifiziert, wobei alle der 17 größeren (Super- oder Mittel-) Mächte bis auf zwei (Australien und Indonesien, die unverändert geblieben sind) gegenüber dem Index für 2022 an gemessener Macht eingebüßt haben. Gegenüber 2019 hat sich der Indexwert aller größeren Staaten verschlechtert, am deutlichsten derjenige Japans, Malaysias und Indiens. Während Indien in dem Report des Lowy Institute als „underachiever“ bezeichnet und Japans Zuwachs an militärischer Macht bislang zu gering bzw. langsam erachtet wird, um seine Verluste an „soft power“ (Wirtschaft, Technologie etc.) auszugleichen, riskiert Russland sogar „growing irrelevance“ in Asien.

  

Literatur/Links:

Patton, Susannah/Sato, Jack/Lemahieu, Hervé (2023): Lowy Institute Asia Power Index 2023. Key Findings Report. Sydney: Lowy Institute, https://power.lowyinstitute.org/downloads/lowy-institute-2023-asia-power-index-key-findings-report.pdf .