Japanisch-chinesische Missstimmung

Zum erstenmal überhaupt hat vorgestern ein japanisches Kriegsschiff, der Zerstörer Sazanami, zusammen mit australischen und neuseeländischen Schiffen die Taiwanstraße durchfahren, welche von China als Teil seines souveränen Staatsgebietes angesehen wird. Ähnlich wie auf die entsprechende Aktion der deutschen Fregatte Baden-Württemberg und des Einsatzgruppenversorgers Frankfurt am Main vor zwei Wochen demonstrierten die japanischen Maritimen Selbstverteidigungskräfte (MSDF) damit die westliche völkerrechtliche Interpretation, dass es sich bei der Taiwanstraße eben nicht um Eigentum Chinas handelt (und implizit damit auch nicht bei Taiwan selbst) und entsprechend frei befahrbar ist. Wie zu erwarten hat dies zu entsprechenden Protesten und Warnungen von Seiten der chinesischen Regierung geführt. 

Dabei ist die symbolische Aktion der MSDF Teil einer Reihe von Ereignissen, welche in den letzten Monaten zu verstärkten diplomatischen und politischen Fritkionen zwischen Beijing und Tokio geführt haben, welches dazu beiträgt, die japanische Regierung mehr und mehr in eine sicherheitspolitische Opposition gegen China an der Seite der sich allmählich organisierenden faktischen Allianz zur Eindämmung der Volksrepublik zu bringen: 

(1) Im Mai 2024 erfolgte etwa die Ankündigung einer verstärkten Verteidigungszusammenarbeit mit den USA, mit denen Japan bekanntlich ein bilaterales Verteidigungsabkommen nach dem Muster des NATO-Artikels V hat

(2) Japan hat seine Anstrengungen bei der Entwicklung von Hyperschallwaffen im Wettlauf mit China intensiviert, welches sich um bessere Fähigkeiten zur Entdeckung und Bekämpfung solcher Systeme bemüht.

(3) Im Juni und September gab es zwei Anschläge auf Mitglieder der japanischen Community in China, bei denen am 18. September – ausgerechnet dem 93. Jahrestag des „Mukden-Zwischenfalls“ von 1931, bei dem ein fingierter Sprengstoffanschlag den Japanern den Vorwand zur militärischen Intervention in der Mandschurei lieferte – ein zehnjähriger japanischer Junge erstochen wurde. 

(4) Mitte September durchfuhr eine Flugzeugträgergruppe um den chinesischen Träger Liaoning  die Anschlusszone an die japanischen Territorialgewässer. Obwohl die UN-Seerechtskonvention von 1982 auch Kriegsschiffen die friedliche Durchfahrt selbst durch die Hoheitsgewässer anderer Staaten gestattet, herrscht diesbezüglich im ostasiatischen Kontext eine ausgesprochen hohe Empfindlichkeit, nicht zuletzt aufgrund der von China selbst immer wieder betonten Souveränitätsansprüche auf Seegebiete vor allem im süd- und ostchinesischen Meer sowie der faktisch provokativen und damit nicht als völlig „friedlich“ angesehenen Konnotationen solcher Aktionen.

(5) Rund eine Woche zuvor war bereits ein chinesisches Geschwader auf dem Weg zu gemeinsamen Manövern mit der russischen Marine durch das Japanische Meer gefahren und von den japanischen Streitkräften sehr misstrauisch beäugt worden, obwohl es sich in internationalen Gewässern bewegte. 

(6) Bereits im Juli war ein japanischer Zerstörer angeblich versehentlich in der Nähe Taiwans in chinesische Hoheitsgewässer eingedrungen, was von chinesischer Seite als Spionageversuch in einem gesperrten Manövergebiet interpretiert wurde; der Kapitän des Schiffes wurde später von den MSDF entlassen.

(7) Am 25. September schließlich hat die Volksrepublik eine neue Interkontinentalrakete getestet, welche in den Pazifik geschossen wurde. Die Anrainerstaaten wie Japan, Australien und Neuseeland reagierten beunruhigt auf diesen Schritt zum weiteren Ausbau des chinesischen Nukleararsenals.

Vor diesem Hintergrund wird wohl auch der/die neue Vorsitzende der regierenden LDP und damit nächste/r Premierminister/in Japans, den Kurs des Schulterschlusses mit den westlichen Verbündeten gegen die chinesischen Ambitionen im Indopazifik fortführen und sogar weiter intensivieren.