Iranische Symbolpolitik als Selbstläufer zur Eskalation?
Nun hat der Iran im strategischen "Spiel" mit Israel doch in Form eines größeren Angriffs mit ballistischen Raketen zugeschlagen, wenn auch wieder mit mäßigem Erfolg. Offenbar waren die wahrgenommen "audience costs" eines Verzichts auf eine direkte Antwort auf die israelische Tötung des Hisbollah-Chefs und vor allem eines hochrangigen Mitglieds der Revolutionsgarden in Beirut doch zu hoch für die iranische Führung. In diesem Sinne hat der iranische Angriff vor allem symbolischen Wert für die Führung in Teheran. Die israelische Perzeption ist aber offensichtlich eine andere: Hier wird die iranische Aktion nicht als versuchte Gesichtswahrung des Regimes, sondern als echte Bedrohung angesehen. Entsprechend hängt die potenzielle Eskalation zu einem großen Krieg jetzt von der Intensität des unweigerlichen israelischen Gegenschlags ab.
Dass der Iran dabei wohl nicht wirklich einen echten Krieg gegen Israel will, zeigen auch die Äußerungen des iranischen Außenministers, dass keine iranischen Truppen nach Gaza oder den Libanon geschickt werden sollen, und dass der Iran seinen Operation gegen Israel beendet habe, solange es keinen neuerlichen Grund für eine Vergeltungsaktion gibt. Es bleibt abzuwarten, ob die israelische Regierung und die IDF wie im April eine in diesem Sinne dosierte Antwort finden. Zu groß ist möglicherweise die Entschlossenheit, nun reinen Tisch zu machen, nachdem die IDF die militärische Überhand zu haben scheinen.
Auch hier kommt wieder die Beteiligung der USA zum Tragen, die neben Jordanien und dem UK bei der Abwehr des iranischen Angriffs wieder eine wichtige Rolle gespielt zu haben scheinen. Offenbar bemüht sich die US-Diplomatie um eine Abstimmung und Beschränkung der israelischen Antwort.
Der Iran hat angesichts der Raketenabwehrfähigkeiten der IDF, seiner weit unterlegenen Luftwaffe und der Geographie, welche außer Luftschlägen und Fernwaffeneinsätzen kaum eine Möglichkeit bietet, dem Gegner wirklich schmerzhaft zuzusetzen, so oder so militärisch eher schlechte Karten. Entsprechend dürfte die iranische Führung, wenn sie rational agiert, wohl auf eine trotz allem "gemäßigte" Reaktion Israels hoffen, um Entschlossenheit zu demonstrieren ohne sie wirklich umsetzen zu müssen. Premierminister Natanjahus Ankündigungen, der Iran werde schneller frei werden als man glaubt und dass er für die Attacke auf Israel "bezahlen" werde, sowie Gerüchte um einen möglichen israelischen Angriff auf die iranische Öl- oder Nuklearinfrastruktur machen da aber wenig Hoffnung.