Flagge zeigen im Indopazifik

Angesichts von Eskalationsgefahr des Nahost-Konflikts, Gefangenenaustausch mit Russland, US-Präsidentschaftswahlkampf und Olympischen Spielen weitgehend von der Öffentlichkeit unbemerkt ist die Bundesrepublik heute dem United Nations Command (UNC) in Korea beigetreten. Im Beisein von Verteidigungsminister Pistorius ist Deutschland damit in einer Zeremonie in Pyeontaek, Südkorea, nach Italien (2018) 18. Mitglied des UNC geworden. Das UNC ist das Militärkommando der internationalen Streitkräfte in Korea, welches im Juli 1950 auf der Basis der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates 83 und 84 zur Unterstützung Südkoreas gegen die nordkoreanische Aggression eingerichtet wurde. Es untersteht nicht direkt den Vereinten Nationen, sondern ist eine von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen unter Führung der USA selbstorganisierte Einrichtung zur Koordination und Leitung der multinationalen Truppen, die sich gegen die nordkoreanische Invasion stellten. Das UNC ist zusammen mit der nordkoreanischen Volksarmee und den chinesischen „Freiwilligenverbänden“ Vertragspartner des seit 1953 geltenden Waffenstillstands in Korea und hat bis heute insbesondere die Aufgabe der Überwachung und Aufrechterhaltung dieses Waffenstillstandes. Ursprünglich in Tokio errichtet, befindet sich das UNC seit 1957 in Seoul, verfügt aber noch immer über eine Reserveorganisation mit sieben Standorten in Japan (UNC-Rear). Die Bundesrepublik hatte sich bereits 1953 bis 1959 mit einem Feldlazarett an der Seite der Vereinten Nationen in Südkorea engagiert. 

Während der konkrete deutsche Beitrag zu UNC noch bestimmt werden muss, aber kaum über eine überschaubare Zahl von Offizieren hinausgehen dürfte, ist das deutsche Engagement gleichwohl symbolträchtig und Ausdruck des seit einigen Jahren verstärkten sicherheitspolitischen Engagements Deutschlands in der Region Indopazifik, welches im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten der Bundeswehr auch militärische Ressourcen umfasst. Basierend auf den „Leitlinien der Bundesregierung für den Indo-Pazifik“ von 2020 wird dabei insbesondere in Kooperation mit den EU-Partnern versucht, den Balanceakt zwischen wirtschaftlichen Interessen und Kooperation mit China auf der einen und der Zusammenarbeit mit Anrainerstaaten zur Einhegung chinesischer Machtambitionen und westlicher Solidarität auf der anderen Seite zu meistern. Zudem ist nicht zu unterschätzen, dass es für die Bundesrepublik jenseits der Kooperation mit den NATO-Verbündeten (außerhalb des Bündnisgebietes) und den strategischen Partnern der NATO (Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland) zumindest im Indischen Ozean tatsächlich auch Bündnisverpflichtungen gibt, und zwar durch die (für Deutschland einzige!) bilaterale Beistandsklausel nach Art. 4 (1) des Aachener Vertrages von 2019, welche Deutschland und Frankreich – deutlich über die Beistandsklausel nach Art. 42 (7) des EU-Vertrages hinausgehend –  verpflichtet, „einander im Falle eines bewaffneten Angriffs auf ihre Hoheitsgebiete jede in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung [zu leisten]; dies schließt militärische Mittel ein.“ Nachdem der territoriale Geltungsbereich auch die französischen Überseedépartements umfasst, betrifft dies auch die Départements Mayotte und Réunion im südwestlichen Indik. 

Entsprechend ist daher auch die Bundeswehr immer wieder in der Region präsent. Seit 2021 haben etwa Einheiten der Luftwaffe an der Ostküste des Pazifik (Kanada, Alaska), in Japan und in Australien an Übungen mit Luftstreitkräften der westlichen Partner teilgenommen, und 2021/22 befuhr die Fregatte Bayern den Indischen Ozean und den Westpazifik, und 2023 nahmen Fallschirmjäger des Heeres und Angehörige des Seebataillons – der Marineinfanterie der Deutschen Marine – an einem Manöver in Australien teil. Aktuell nehmen zwei Schiffe der Deutschen Marine am Großmanöver RIMPAC 2024 der US-Pazifikflotte teil, zusammen mit Einheiten aus fast 30 Ländern.

Der angesprochene Balanceakt gegenüber der Volksrepublik zeigt sich dabei ganz aktuell beispielsweise darin, dass noch immer nicht klar ist, ob die beiden an RIMPAC 2024 beteiligten deutschen Schiffe, die Fregatte Baden-Württemberg und der Einsatzgruppenversorger Frankfurt am Main zusammen mit Einheiten der Partnerstaaten im Rahmen des Manövers zur Verärgerung Pekings die Taiwan-Straße durchfahren werden. Dennoch bleibt festzuhalten, dass sich offenbar auch Deutschland vermehrt darum bemüht, ebenso wie etwa Frankreich und Großbritannien verstärkt in der Region des Indopazifik Flagge zu zeigen. Dazu gehört nach Auffassung der Bundesregierung eben auch eine „balancierte militärische Präsenz“, wie es der Bundesverteidigungsminister ausdrückt.